Tiefgang Ausgabe 03

Ausgabe 03: Zum Thema Papier...

Veröffentlicht am 20.10.2024


Thomas Haas © by Lucas Musch, 2023

Editorial 

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Fotofreunde, die Ausgabe 03 des Tiefgangs beschäftigt sich in Bildern und Texten mit dem Thema Papier. Nachdem ich seit dem Beginn meiner beruflichen Ausbildung im August 1977 mit diesem Material zu tun habe, sollte ich doch mal eine Zusammenfasung schreiben. Und das kann nur ein Rückblick auf eine große Vergangenheit sein...





Noch ein technischer Hinweis: Tiefgang wird, wie das Journal, in einem Baukasten unter Opera aufgebaut. Andere Browser, z.B. Firefox oder auch Microsoft Edge und Google Chrome interpretieren einige grafische Feinheiten oder Schriften etwas anders. Dagegen bin ich leider machtlos, wie viele andere Seitenbetreiber auch....

Thomas Haas - © by Lucas Musch, 2023


Schreiben wir mal vom Papier...

Ein kleiner Rückblick auf mein Berufsleben!

Wie, ein Tiefgang zum Thema Papier? Papier, das kennen wir doch alle! Stimmt, beides...

Wir kennen das Material von klein an, kritzeln, malen, schreiben darauf, lesen Bücher und Zeitungen, haben Multifunktions-papier im Homeoffice und sehen Altpapier gelegentlich am Straßenrand. Große Mengen von Kartonagen tragen wir in Wert-

stoffhöfe und andere Sammelstellen, z.B. in Papiercontainer, und dieses Recycling läuft seit Generationen so. Und trotzdem,

meine „Papiererfahrungen“ im Berufsleben haben einen Tiefgang verdient!

Mit dem Einstieg in das Berufsleben im August 1977 hat sich mein Verhältnis zum Papier schnell verändert. Es sind andere Erfahrungen, wenn man Papier am Tag tonnenweise bewegt, wenn das „Umschlagen“ der Papierbogen eine körperliche

Tätigkeit ist, und keine Hilfsmittel wie Palettenwender zur Verfügung stehen. Es ist eine andere Erfahrung, als „Druckerstift“

die Papiergewichte zu erfühlen, die Sorten nach Oberflächen und Strukturen zu erkennen.


Papierindustrie

Die Papierindustrie ist ein Sektor, der sich mit der Herstellung und Verarbeitung von Papier und Pappe beschäftigt.

Sie ist eng mit der Druckindustrie verbunden, da Papier das Hauptdruckmedium darstellt. Hier sind einige wichtige Aspekte

der Papierindustrie:

Geschichte und Entwicklung:

Anfänge der Papierherstellung: Papier wurde um 105 n. Chr. in China erfunden und verbreitete sich über die Jahrhunderte in

der ganzen Welt.

Industrielle Papierproduktion: Im 19. Jahrhundert ermöglichten neue Maschinen und Techniken die Massenproduktion von Papier, was die Verbreitung von Wissen und den Konsum von Druckprodukten beschleunigte.

Herstellungsverfahren:

Holz- und Zellstoffproduktion: Die Hauptrohstoffe für die Papierherstellung sind Holzfasern, die zu Zellstoff verarbeitet werden. Dieser Zellstoff wird dann zu Papier weiterverarbeitet.

Recyclingpapier: Altpapier wird gesammelt und recycelt, um neuen Zellstoff für die Papierproduktion zu gewinnen, was die Umweltbelastung reduziert.

Papierarten und Anwendungen:

Druck- und Schreibpapier: Wird für Bücher, Zeitschriften, Zeitungen und Bürobedarf verwendet.

Verpackungspapier: Karton und Wellpappe sind wichtige Materialien für Verpackungen und Logistik.

Spezialpapiere: Papiere mit besonderen Eigenschaften, wie zum Beispiel wasserabweisende oder hitzebeständige Papiere,

finden in speziellen Anwendungen Verwendung.

Umweltaspekte:

Ressourcenmanagement: Nachhaltige Forstwirtschaft und der Einsatz von Recyclingmaterialien sind zentrale Aspekte zur Schonung der natürlichen Ressourcen.

Wassernutzung: Die Papierherstellung ist wasserintensiv, und es gibt Bestrebungen, den Wasserverbrauch zu reduzieren und

die Wasserqualität zu verbessern.

Emissionen und Abfälle: Die Produktion von Papier ist mit der Emission von Schadstoffen verbunden, die durch moderne Technologien und strenge Umweltauflagen reduziert werden sollen.

Markt und Herausforderungen:

Nachfrage und Wettbewerb: Die Nachfrage nach Papierprodukten unterliegt Schwankungen, etwa durch den Anstieg digitaler Medien, während der Wettbewerb auf dem globalen Markt intensiv ist.

Innovationen: Neue Technologien und Materialien wie biobasierte Papiere und Verpackungen, die aber noch in der Entwicklung stecken, könnten der Papierindustrie neue Chancen und Märkte eröffnen.


Blicken wir doch mal in eine Papierfabrik hinein...

Die Büttenpapierfabrik Gmund am Tegernsee, 2018

  • Tambour mit Rohpapier an der Papiermaschine, Gmund 2018
  • Im Laufe der Zeit konnte ich einige Papierfabriken besichtigen, manche davon mehrfach. In Gmund war ich mehrfach, dieses Bilder sind an der neueren der beiden Papiermaschine entstanden, Baujahr 1973.

    Historisches Firmenschild aus Stuck, Gmund

    Das historische Firmenschild in Gmund, 2018


    Zur Papierfabrik Gmund gibt es eine eigene Seite...


    Der Streifen oben zeigt in nur sechs Abbildungen die wesentlichen Schritte bei der Papierherstellung. Zellstoff-ballen werden in der gewünschten Mischung (bis zu 60 Holz-arten können im Jahresverlauf in einer Sorte Papier enthalten sein) bereitgestellt und aufgelöst. Der bereitgestellte Papier-brei, der „Stoff“ enthalt hier 99 % Wasser. Dieser Stoff wird über den Stoffauflaufkasten aus der Maschinenbütte auf das Langsieb aufgetragen.

    Gut sichtbar ist, wie ein scharfer Wasserstrahl auf dem Langsieb die Seiten beschneidet. Das Papier wird auf dem

    Sieb entwässert, die Zellstofffasern richten sich aus, die Laufrichtung, Die Schön- und die Siebseite entstehen, Eigenschaften des Papiers. Das Langsieb übergibt das Papier, das trägt jetzt auch den Namen, an die Pressenpartie, mit rund 65 % Wassergehalt geht es dann in die Trockenpartie. Bedampfte Filze Formen die Oberfläche und verdampfen das Wasser, das noch immer reichlich im Papier enthalten ist. Grafische Papiere weisen am Ende der Produktion in der Regel noch immer ca. 4-8 % Restfeuchte auf.


    ...hier geht´s nach Gmund!

    Siebpartie, Pressen- und Trockenpartie einer Papiermaschine, Gmund 2018

    Siebpartie, Pressen- und Trockenpartie einer Papiermaschine, Gmund 2018


    Bei Sappi in Ehingen - 2007 - die Papiermaschine in groß!

    ...mit dem Berufsverband bei der Sappi Ehingen GmbH

    Papiermaschine, Bild aus dem Jahr 2007

    Gleiches Prinzip, nur in groß! Gestrichenes grafisches Papier wird hier produziert.

    Rollenschneider in der Papierfabrik, 2007

    Rollenschneider in der Papierfabrik...


    Neunzehnhundertsiebenundsiebzig...

    ...mein Start in das Berufsleben!

    Das Papier kam damals „vom Geiger“ (IGEPA) im Aalen, nur einen Steinwurf von der Druckerei entfernt, und aus Ulm, „vom Kienzerle“. Sorten wie ikonofix oder ikonolux (Zanders), aber auch das BVS matt oder die Phoeno-Schiene (Scheufelen) waren täglich im Einsatz. Die IGEPA-Gruppe mit dem Partner Geiger GmbH & Co. KG in Aalen, die gibt es noch.

    Zanders und Scheufelen sind Geschichte, aus K+H, Kienzerle + Haustein wurde später Schneidersöhne-Papier, Papyrus und daraus die Inapa Deutschland GmbH, die im Juli 2024 mit der portugiesischen Muttergesellschaft in die Insolvenz geht.

    Tambour mit frisch gefertigtem Papier!

    Tambour an der Papiermaschine...


    Zwanzigvierundzwanzig...

    ...Veränderungen und Entwicklungen!

    Die Papierindustrie, das sind Global Player, die Top 5 sind schnell aufgezählt: International Paper, UPM-Kymmene,

    Stora Enso, Sappi Limited und die Mondi Group.

    Die kleinen und unabhängigen Papierfabriken sind Geschichte. Ihre Rohstoffbeschaffung, ihre Logistik, ihre Produktionsmittel konnten nicht mithalten. Bei Papierbreiten von über 10 m und Geschwindigkeiten, die beim Zeitungspapier schon bei 2.000 m pro Minute liegen, war die Luft raus. Ein Beispiel dafür ist Scheufelen. Dass das Papier dabei früher besser war, steht dabei für mich außer Frage...


    Die Papierfabrik Scheufelen in Oberlenningen...

    Motive aus dem Oktober 2016 und dem Dezember 2023

    Verwaltungsgebäude der Papierfabrik Scheufelen in Oberlenningen, Oktober 2016

    Verwaltungsgebäude der Papierfabrik Scheufelen in Oberlenningen, Oktober 2016

  • Altes Lager bei Scheufelen, 2016
  • Verwaltungsgebäude Papierfabrik Scheufelen 2023

    Verwaltungsgebäude Papierfabrik Scheufelen 2023

    Die PM 5 und 6 hatten jede eine Streichmaschine...

    Die PM 5 und 6 hatten jeweils eine eigene Streichmaschine...

    Ein kleines Vesper in der leeren Maschinenhalle, Mahlzeit! Rucksack mit Vesper und Lampen auf der wohl letzten Papierrolle auf dem Scheufelen-Gelände, Dezember 2023

    Vesper und Gedanken in der leeren Halle...

    Voller Tambour nach der Streichanlage, Papierfabrik Scheufelen, 2016

    Der Größenvergleich, voller Tambour nach der Streichanlage...


    Mit der Veröffentlichung dieser Ausgabe des Tiefgangs

    wird auch die Lost Places-Seite über die nun ehemalige Papierfabrik Scheufelen ins Netz gestellt.

    Scheufelen konnte ich beruflich wohl dreimal besichtigen,

    die letzte Tour war privat. „ go2know“ in Berlin, hatte die

    Rechte dazu erworben. Es gibt keine weiteren Touren mehr!


    Scheufelen in Produktion, 2016

    ...Papierfabrik Scheufelen 2016

    ...und dieser Button zeigt den Zustand 2023!

    ...der Zustand vom Dezember 2023

    Ende 2023 in genau dieser Halle unterwegs, keine greifbaren Spuren mehr. Maschinenhalle bei Scheufelen.

    ...und Ende 2023 in genau dieser Halle unterwegs!

    Das war ein sehr nachdenklicher Moment. Über einen längeren Zeitraum hatte ich von der Gruppe oder den Guides keinen mehr gesehen, in der mächtigen Maschinenhalle war ich ganz sicher alleine unterwegs. Dort, wo ich beim letzten Besuch noch an der Papiermaschine 5  fotografiert hatte, auf die Streich-maschine gestiegen war, war nichts mehr, war darauf hin-deuten konnte. Nichts? Doch, da war noch was!

    Eine einsame Papierrolle, mein Platz für die Mittagspause!

    Die PM 5 aus dem Jahr 1954 hatte eine Papierbreite von 3,80 m und produzierte bis zu 140.000 t* Papier, bei der PM 6, Baujahr 1981, war die Bahn 3,90m breit, sie konnte 160.000 t* fertigen.

    Die PM 2 stand in einer anderen Halle. Diese Maschine wurde schon 1903 aufgebaut. Fotografisch war die Maschine besonders interessant. Am Nachmittag bin ich in die leere Grube gestiegen, habe noch die letzten Reste verabschiedet... (* = Jahresmengen)

    Tambourlager, Papierfabrik Scheufelen, 2016

    Tambourlager...

    Tambourlager, Papierfabrik Scheufelen, 2016

    Tambour mit sichtbaren Papieranhängen...

    Wie oft ging ein Tambour auf den Weg durch die Fabrik?

    Einige Stationen sind hier zu sehen...

    Die Sache mit dem „BVS“...

    Scheufelen hatte schon spezielle Papiere, das NASA-Papier, das mit zum Mond geflogen war, ist sicher so eine Sorte. Aber damit konnte die Fabrik auch nicht (über-) leben. Die „Brotsorte“ war das BVS. Bilderdruckpapier in matt oder glänzend gestrichen.

    Generationen von Druckern war BVS als „Bilderdruck von Scheufelen“ ein Begriff, eine Marke. Das, was hervorragend nach Marketing klingt, war aber so nicht gemeint. Das „B“ stand für die Rezeptur der Zellstoffmischung, das „V“ ist die römische fünf,

    für die PM 5, und noch das „S“ was für den Strich steht, BVS beschreibt also ein gestrichenes Bilderdruckpapier.

    Die phoeno-Schiene war das Kunstdruckpapier, und dann gab es noch Papier im extremen Weißton, „Heaven 42“ genannt.

    Egal wer was in diese Zahl hineininterpretieren möchte, es ist wohl die meistverbreitete Schuhgröße weltweit, und nun zur Preisfrage: Welche Größe hatte der erste Schuhabdruck auf dem Mond? Neil Armstrong (1930 - 2012) hatte 9,5 (US) macht 42,5

    in Europa. Die Mondlandung mit der „Apollo 11“- Mission war am 21. Juli 1969, ich saß vor dem Fernseher...

    Manche Marken leben weiter, die IGEPA hat die Rechte und die Rezeptur des „Heaven 42“ gekauft, und lässt entsprechend exklusiv produzieren. Aber es bleibt ein Nachbau, denn jede Papiermaschine hat eine Handschrift, und die ist nicht so leicht zu kopieren.

    Blick von der Streichmaschine...

     Blick von der Streichmaschine, 2016, unter Betrieb...

    In der Grube der PM 2 - Scheufelen, Oberlennigen, Dezember 2023

    In der Grube, im Unterbau, der PM 2 - ehemalige Papierfabrik Scheufelen, Oberlennigen, Dezember 2023

    Die PM 2 aus dem Jahr 1903, Scheufelen, Oberlenningen, 2016

    Die PM 2 aus dem Jahr 1903, Papierfabrik Scheufelen, Oberlenningen, 2016 - ein fotografisches Highlight...


    Die alte Papierfabrik in Blankenberg/Thüringen

    Mit Yannick Musch im Oktober 2020 auf einer Lost-Places-Tour!

    Im Herbst 2020, und somit schon unter den Corona-Bedingungen, hatte ich mit Yannick Musch eine Fototour nach Blankenberg gebucht. Veranstalter war die Foto-Faktorei in Hof, und wir hatten - wie versprochen - viel Zeit in einer kleinen Gruppe.

    Die Papiermaschine in Blankenberg, Thüringen 2020

    Die Papiermaschine in Blankenberg, Thüringen 2020

    „Mit Gunst von wegen ´s Handwerk" - mit dem Gruß der Papiermacher soll der Artikel beginnen...

    Die Erwähnung einer Mühle, an diesem Standort, erfolgt urkundlich bereits 1371. Als Kaiser Karl IV. mit seinem Sohn Wenzel am 23. März von den Vögten von Gera die Feste Blankenberg kaufte, wurde unter anderen ausdrücklich die Mühle hervorgehoben. Hier handelt es sich um die Wassermühle, die auf einer Karte aus dem Jahr 1757 noch eingezeichnet ist, heute aber nicht mehr besteht. Auf der erwähnten Karte findet sich außerdem eine Papiermühle angegeben, die sich ab 1784 im Besitz des Papierhändlers Johann Wolfgang Rahm befand. Diese soll nach noch unbestätigten Angaben um 1700 als Mahlmühle und kurz nach 1730 als Papiermühle existiert haben. Um 1787 pachtete der Papiermüller Adam Erdmann Flinsch diese und kurz darauf erwarb dieser die Papiermühle käuflich. Der älteste Sohn war Ferdinand Traugott Flinsch (1792–1849), ein deutscher Unternehmer, Papierfabrikant und Papierhändler. Er war der Begründer der ehemals an verschiedenen Orten Deutschlands beheimateten Papierhandelshäuser Flinsch.

    Bereits 1819 gründete er gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Heinrich das Papierhandelshaus Flinsch in Leipzig.

    1821 nahmen die beiden Inhaber noch ihren Bruder Carl August in das Geschäft mit auf. Ferdinand Traugott Flinsch führte 1843 die maschinelle Papierherstellung in Blankenberg ein. Aber auch eine Schriftgießerei wird unter dem Namen Flinsch geführt: Die Dresslersche Gießerei, die 1827 in Frankfurt/Main gegründet worden war, wird 1868 zur Schriftgießerei Flinsch umfirmiert. Im Jahre 1867 stellten hier 250 Arbeiter und Angestellte rund 2,5 Millionen Lettern pro Woche her.

    1872 wird die erste Komplettgießmaschine in Deutschland installiert. 1916 wird das Unternehmen mit der Bauerschen Gießerei fusioniert. Ein Weltunternehmen ist entstanden.

    1972 wurden die Aktivitäten am Stammsitz Frankfurt eingestellt. Seit 1995 hält die Firma Bauer Types SL die noch bestehenden Rechte an zahlreichen Schriften. Zu den bekanntesten Schriften der Bauerschen Gießerei zählen die Bauer Bodoni, Bernhard Antiqua, Folio, Futura, Impressum

    und Weiß Antiqua. (Recherchen in Wikipedia, 10/2020)


    Wenn man schon lange in der Druckindustrie beschäftigt ist wie ich, dann stolpert man sofort über den Namen „Flinsch“, denn

    es war ein einstmals bedeutendes Papierimperium, das in Blankenberg seine Wurzeln hatte, und auch eine gemeinsame Zeitspanne mit einem Augsburger Papiergroßhändler vorweisen kann. Die bereits 1861 gegründete Papiergroßhandlung des Buchdruckers Johann Nikolaus Hartmann, ab 1881 unter dem Namen Hartmann & Mittler OHG geführt, erwirbt 1988 genau 74 % der Ferdinand Flinsch GmbH, und firmiert unter Hartmann und Flinsch GmbH. Die neue Firma wird zur Tochter der Buhrmann Gruppe mit Sitz in Amsterdam, bevor 1998 durch den Zusammenschluß mit der 1870 gegründeten Wuppertaler Wilhelm Seiler GmbH die Deutsche Papier Vertriebs GmbH entsteht. Ab 2014 gibt es nur noch den steilen Fall: Den Verkauf an den australischen PaperlinX-Konzern, die Insolvenz, eine Neugründung als DPV-Deutsche Papier Vertriebs GmbH und das Ende im Jahr 2017.

    Aus PaperlinX wurde Spicers, eine Tochter der Unipapel S.A., dann wurden Spicers und Adimpo zu Adveo... - fast nicht mehr nachvollziehbar. Am Anfang stand Pioniergeist und Herzblut, am Ende - nach Insolvenzen - die Abwicklung... (ha.)


    Die Papiermaschine von 1909, Maschinenfabrik H. Füllner, Warmbrunn, Schlesien

    Die Papiermaschine von 1909, Maschinenfabrik H. Füllner, Warmbrunn, Schlesien

    Die Papiermaschine der Maschinenfabrik H. Füllner, Warmbrunn, Schlesien...

    1854 kaufte Heinrich Füllner aus Breslau einen hölzernen Schuppen in Warmbrunn und richtete darin eine Werkstatt zur Reparatur von Papier-maschinenanlagen ein, wofür bei den zahlreichen Papierfabriken im Raum Hirschberg großer Bedarf herrschte. Heinrich Füllners ältester Sohn Alwin, der als des Vaters Nachfolger vor-gesehen war, starb bereits 1867. Der zweite Sohn, Eugen (1853 - 1925), der eigentlich hatte Pfarrer werden wollen, trat daraufhin 1869 in den Betrieb ein, studierte nach seiner Lehrzeit am Technikum in Eckernförde und kam

    1877 in die Fabrik zurück. 1884 wurde er Mitinhaber der Firma, und nach dem

    Tod seines Vaters am 7. Dezember 1889 war er bis 1920 alleiniger Eigentümer

    der Firma. Unter Eugen Füllners Leitung begann eine eindrucksvolle Expansion des Betriebs, wobei nicht nur die

    Fertigungsstätten erweitert, sondern auch ein Gaswerk zur Beleuchtung des Betriebsgelände und eine Wasser-turbine für den mechanischen Betrieb errichtet wurden. Im Jahre 1894 betrug der Jahresumsatz, bei 150 Mitarbeitern, bereits 1,3 Million Mark. Gebaut – und exportiert - in nahezu alle papier-erzeugenden Länder der Welt wurden sämtliche Maschinen und vollständige Einrichtungen für Papier-, Karton-, Pappe-, Zellstoff- und Holzstoff-Fabriken. Die größten in dieser Zeit von Füllner gebauten Papiermaschinen waren bis zu 100 m lag und bis zu 1.000 Tonnen schwer, hatten ein 5 m breites Sieb und konnten bis zu 100 Tonnen Papier pro Tag herstellen.

    1908 arbeiteten etwa 600 Personen im Werk, und 1913 beschäftigte das Werk rund 800 Personen und hatte einen Jahresumsatz von 6 Million Mark.

    Das Füllnerwerk war zu einem der größten und renommiertesten Papiermaschinenhersteller der Welt geworden. Seine Maschinen standen

    in Norwegen, Schweden, Dänemark, Russland (einschließlich Finnland und Polen), Belgien, den Niederlanden, Österreich-Ungarn, Rumänien,

    Griechenland, Frankreich, Groß-britannien, Italien, Brasilien, Argentini-en, Uruguay, Chile, Venezuela, Kanada, Japan und China.

    Mit erheblichem Aufwand baute Füllner auch Maschinen zur Beschickung von Industrieausstellungen wie z. B. der Berliner Gewerbeausstellung 1879, der Sächsisch-Thüringischen Industrie- und Gewerbeausstellung 1897 in Leipzig, der Weltausstellung Paris 1900 und der Weltausstellung Turin 1911. (Quellenangabe: Recherche/Auszug aus Wikipedia, 10/2020)

    Mein Exemplar des Werkes von Armin Renker „Das Buch vom Papier“. Ab den Seiten 80 und 81  wird von der Erfindung der Langsiebmaschine durch Louis Robert berichtet. Robert wurde 1761 in Paris geboren, 1799 konnte er eine endlose Papierbahn auf der Langsiebmaschine erzeugen. Mein Renker ist übrigens auf „Zerkall Bütten“ gedruckt worden, ein Papier aus einer Rundsieb- maschine mit echtem Büttenrand. Die Büttenpapierfabrik Zerkall Renker & Söhne ist eine der wenigen Fabriken weltweit, die echtes Büttenpapier auf dem Rundsieb schöpfen. Auch das Original des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland wurde 1949 darauf gedruckt. Mein Buchexemplar „Vom Wesen und Werden des Papiers“ stammt vermutlich aus der 3. Auflage, dem 7. - 9. tsd., das im Jahr 1950 im Leipziger Insel-Verlag erschienen ist.

    Ich konnte das Werk vor einigen Jahren antiquarisch erwerben, und war davon sehr angetan. Nun diente es zur Einstimmung auf die Fototour durch die Fabrik. Der Untertitel zu Renkers Buch lautet Vom Wesen und Werden des Papieres“. Das Buch enthält im hinteren Teil eingearbeitete Papiermuster mit original Wasserzeichen, aus verschiedenen Ländern, z.B. den Niederlanden, aus Frankreich, England... Es enthält feines  Japanpapier, eine Probe von echtem Pergament sowie Papyrus - optisch und haptisch ein Erlebnis. Für Yannick das Eintauchen in die Welt des Papiers. Das Vorwort Armin Rekers beginnt, und ich vermute mal, dass es in der Erstauflage des Jahres 1934 nicht anders gewesen ist, mit den folgenden Worten:

    „Das vorliegende Werk wendet sich an einen Kreis von Laien und Fachleuten aus dem Papierfach und dem Buchgewerbe, der eingeführt werden möchte in die offenbaren und die verborgenen Reize eines Stoffes, welcher als Träger für die Gegenstände der Berufs-  und Sammlertätigkei, die geliebten Bücher, dient.“

    Und noch ein Zitat möchte ich hier einfügen, auch wenn es in der heutigen Zeit schon längst überholt, einen Anachronismus darstellen mag. Im Journal ist Platz dafür, und das Nachdenken ausdrücklich erwünscht.

    „So ist das Druckwerk zum Spiegelbild der Welt mit allen ihren Formen, Farben und geistigen Äußerungen geworden, und so ist

    auch das Papier als sein Träger Diener an Wort und Geist unseres Schriftums. Druck und Papier, sie gehören zueinander wie

    Seele und Körper.“


    Der ehemalige Sortiersaal in Blankenberg, 2020

    Der ehemalige Sortiersaal in Blankenberg, 2020


    Die alte Papierfabrik in Blankenberg, Thüringen, 2020 - Außenansicht

    Die alte Papierfabrik in Blankenberg, Thüringen, 2020

    Über diese Fototour berichtet eine Journalausgabe sehr ausführlich, ebenso ist eine Sonderseite dazu angelegt worden. Beide Seiten sind hier über die Buttons verlinkt,

    und laden interessierte Leser zum Besuch ein.

    ...zum Journal 10/2020

    Der Button führt direkt auf die Seite...

    Die Projektseite...

    Die Seite zur Fabrik in Blankenberg...


    Zahlenwerke...

    Wohin, Papierindustrie?

    Tabelle Papiererzeugung, Papierverbrauch, Altpapierverbrauch 1990 - 2022, Quelle: Die Papierindustrie e.V., 2023

    Tabelle Papiererzeugung, Papierverbrauch, Altpapierverbrauch 1990 - 2022, Quelle: Die Papierindustrie e.V., 2023

    Hauptverbrauchsbereiche:

    1. Verpackungspapiere: Hier ist der größte Anstieg zu verzeichnen, vor allem durch den E-Commerce-Boom.

    2. Zeitungs-, Druck- und Büropapier: Dieser Bereich ist aufgrund der Digitalisierung stark rückläufig.

    In der Grafik von 119 kg auf 71 kg, minus 40%!

    3. Hygienepapiere: Stabiler Verbrauch mit leichtem Anstieg

    in den letzten Jahren.

    4. Spezialpapiere fallen in den Industriebereich, Filterpapiere z.B., und können hier vernachlässigt werden.



    Der Papierverbrauch in Deutschland hat sich in den letzten Jahrzehnten signifikant verändert, insbesondere im Zuge von Digitalisierung und Nachhaltigkeitsbemühungen. Hier sind einige wichtige Eckdaten, die den Zeitraum von ca. 1990 bis heute abdecken. Die allgemeine Entwicklung des Papier-verbrauchs in der Druckindustrie, soweit es die bis heute verfügbaren Zahlen ergeben, bildet die Tabelle oben ab.


    Entwicklung des Papierverbrauchs (1990 bis heute)


    Papierverbrauch in Deutschland (in Tonnen):

    1990er Jahre: In den 1990er Jahren lag der Papierverbrauch

    in Deutschland bei etwa 16–18 Millionen Tonnen pro Jahr.

    Es gab einen starken Anstieg, da der Papierverbrauch insbesondere durch den wachsenden Bedarf an Verpackungsmaterialien und Druckpapier anstieg.


    2000er Jahre: Der Verbrauch erreichte seinen Höhepunkt um das Jahr 2007 mit einem Spitzenwert von etwa 23 Millionen Tonnen.


    2010er Jahre: Seit der Finanzkrise 2008 ist der Papierverbrauch relativ konstant geblieben, ging jedoch mit der zunehmenden Digitalisierung und dem Rückgang des Bedarfs an Druckerzeugnissen langsam zurück. Um 2015 lag der Verbrauch bei etwa 20 Millionen Tonnen.


    2020er Jahre: In den letzten Jahren liegt der Papierverbrauch in Deutschland bei etwa 18 Millionen Tonnen. Ein wesentlicher Teil entfällt auf Verpackungspapier, das durch den boomenden Online-Handel stark nachgefragt ist, während Druck- und Schreibpapier weiterhin zurückgeht.


    Pro-Kopf-Verbrauch:

    1990: ca. 210 kg pro Person.

    2010: Höchststand von etwa 250 kg pro Person.

    2000: Leichter Rückgang auf etwa 220 kg pro Person


    Hauptverbrauchsbereiche:

    1. Verpackungspapiere: Hier ist der größte Anstieg zu verzeichnen, vor allem durch den E-Commerce-Boom.

    2. Zeitungs-, Druck- und Büropapier: Dieser Bereich ist aufgrund der Digitalisierung stark rückläufig.

    3. Hygienepapiere: Stabiler Verbrauch mit leichtem Anstieg

    in den letzten Jahren.


    Deutschland gehört nach wie vor zu den weltweit führenden Nationen im Papierverbrauch, ist aber auch im Recycling von Altpapier führend, was einen wichtigen Beitrag zur Ressourcenschonung leistet.


    Diese Zahlen sind grob geschätzt und können je nach Quelle leicht variieren.


    Bei den Recherchen zu den Zahlen hat KI, Chat GPT,  geholfen.

    Grafik zur Entwicklung des Papierverbrauchs in Deutschland, 2000 bis 2021

    Zahlenwerk in der Grafik... Quelle: Die Papierindustrie e.V.

    Die Visualisierung ist ein eigenes Werk.


    Der Altpapieranteil in der Papierherstellung ist in den letzten Jahrzehnten stetig gestiegen, insbesondere in Deutschland, das zu den führenden Ländern in der Altpapierrecycling-Wirtschaft gehört. Post-Consumer-Altpapier entsteht aus bereits verwendetem Papier, das durch Recyclingprozesse wieder in den Kreislauf gelangt – was ohne Frischfaserpapier und entsprechende Sammlungsinfrastrukturen nicht möglich gewesen wäre.


    Entwicklung des Altpapieranteils in Deutschland


    1990er Jahre: In den 1990er Jahren begann die Papierindustrie, verstärkt auf Altpapier zu setzen. Damals lag der Altpapieranteil in der Papierproduktion bei etwa 45 %.

    Dies war bereits eine beachtliche Zahl im Vergleich zu früheren Jahrzehnten.


    2000er Jahre: Durch verstärkte Umweltschutzauflagen und höhere Anforderungen an Recyclingquoten stieg der Altpapieranteil weiter an. Im Jahr 2005 erreichte der Anteil des Altpapiers an der Gesamtproduktion etwa 63 %.


    2010er Jahre: Im Jahr 2010 lag der Altpapieranteil in der Papierproduktion in Deutschland bei 70 %, ein signifikanter Fortschritt, der durch effektive Straßensammlungen und das Bewusstsein für nachhaltige Papierproduktion vorangetrieben wurde.


    2020 bis heute: Der Anteil des Altpapiers in der Papierproduktion liegt in Deutschland heute bei rund 78 %. Dies bedeutet, dass ein Großteil des Papiers, das in Deutschland hergestellt wird, aus recyceltem Material stammt. Besonders in der Produktion von Zeitungs- und Verpackungspapieren hat Altpapier einen sehr hohen Anteil erreicht, teilweise bis zu 100 %.


    Einflussfaktoren:

    Frischfaserbedarf: Trotz des steigenden Altpapieranteils

    bleibt Frischfaserpapier wichtig, da die Fasern beim Recyclingprozess an Qualität verlieren.

    Neue Frischfasern werden benötigt, um die Stabilität und Qualität des recycelten Papiers aufrechtzuerhalten.

     

    Straßensammlung und Recyclinginfrastruktur: Eine gut funktionierende Sammlung ist entscheidend. In Deutschland sind die Sammelsysteme (blaue Tonne, Wertstoffhöfe, etc.) sehr gut entwickelt, was das Recycling effektiv macht.


    Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit: Der Einsatz von Altpapier ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern oft auch wirtschaftlicher, da die Kosten für die Rohstoffgewinnung und Entsorgung geringer sind.


    Deutschland gehört weltweit zu den Spitzenreitern in der Nutzung von Altpapier, und die Tendenz zu noch höheren Recyclingquoten wird sich in den kommenden Jahren wahrscheinlich fortsetzen.


    Zeit für den fotografischen Nachruf...

    Oder: Jede Technik, jedes Produkt, war einst revolutionär, und wird später weitgehend ersetzt...

    Die historische Papiermaschine in Blankenberg in einer entsprechenden Bearbeitung, 2020

    Die historische Papiermaschine in Blankenberg in einer entsprechenden Bearbeitung, 2020


    Leserbriefe...

    Der Platz für Rückmeldungen, Anregungen, Wünsche und Kritik... -  der Button macht es möglich!  Wer traut sich?

    Wir Schreiber" hoffen bei jeder neuen Ausgabe darauf, unsere Stammleser - wie auch die „Laufkundschaft" aus den Tiefen des Internets - anzusprechen, und mit unseren Bildern und Artikeln für einige Minuten gut zu unterhalten. Ob es uns mit dieser Ausgabe gelungen ist, das können wir nur über die Reaktionen aus dem Kreis der Lesenden erfahren.

    Im Süden Deutschlands, in Teilen von Bayern und Baden-Württemberg, genauer bei den Schwaben, gibt es da so eine Regel: „Ned gschimpft isch globt gnua!“*

    Gerne nehmen wir auch konstruktive Kritik an, freuen uns über Rückmeldungen, ganz egal über welchen Kanal, und planen noch viele weitere Ausgaben des Journals als unser generationsübergreifendes Kommunikationsprojekt!

    *Nicht geschimpft ist gelobt genug!

    Ja, ich möchte dazu was sagen...

    Rückmeldungen...

    Hier werden die Rückmeldungen, die mich über verschiedene Kanäle erreichen, unzensiert eingestellt.

    Schreibtischmotiv, Schreibmaschine, historisch

    Wenn keine unzustellbaren Sendungen zurück kommen, ist das schon ein gutes Zeichen, und wenn wenige Minuten nach dem Versand kurze Meldungen wie Danke Thomas, bin gespannt...“ ankommen, weiß ich dass der Link zugestellt ist.


    Rückmeldungen:



    Kontakt / Kommentare...


    Lieber Thomas,

    vielen Dank für die vielen Geschichten zum Papier in Oberlenningen - mein Lieblingsmotiv „Tambour mit sichtbaren Papieranhängen…“


    22.10.2024


    Hallo Thomas,

    mal wieder ein Lebenszeichen aus dem Norden, der Wedemark.

    Habe wieder mit großem Interesse dein letztes Journal gelesen vor allem wieder zum Thema Papier.

    Das ist ja wohl eine besondere Liebe von uns beiden. Ich bin jetzt inzwischen fast 86, aber die Liebe zum Papier hat sich zu einem weiteren „Rentnerhobby" entwickelt.

    1956 bin ich mit meiner Ausbildung im Bereich „Papier" gestartet und habe bereits 1958 mein erstes techn. Praktikum bei der Papierfabrik Temming AG, Glückstadt, heute Steinbeis GmbH gemacht. Mein weiterer Berufsweg hat durch viele Länder und Papierfabriken geführt (Schweiz Deutschland, Italien, Finnland). Einige der Fabriken bestehen nicht mehr, oder wurden verkauft. Selbst die Fabrik aus meiner Italienzeit wurde an Mondi verkauft. Die Fabriken in der Schweiz geschlossen. So ist das mit dem Papier, hat eben mehr als 2 Seiten. Es werden wohl auch noch weitere Papierfabriken „sterben".

    1960 habe ich auch noch in 2 großen Schweizer Druckereien (Offset) in Zürich und Winterthur ein Praktikum gemacht, wurde

    dafür von der Papierfabrik freigestellt.

    Beobachte die Entwicklung in der Papier- und Druckbranche weiter, habe noch zu einer Vielzahl von Leuten Kontakt.


    Vielen Dank für die Übersendung Deines Journals, freue mich immer, wenn der Kalender den 19. eines Monats zeigt.

    Dann kommt Post - eine Mail - von Dir.

    Weiterhin eine gute Zeit für Dich und „Deine Mitarbeiter" am Journal


    Grüße aus der Wedemark,  Gregor Baldus


    04.11.2024



    In den Kommentaren zur Journal-Ausgabe 10/2024 wurde auf das Thema Papier mehrfach eingegangen.

    Der Besuch der Seite ist mit dem eingefügten Link leicht möglich!



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